Unterwegs auf den Kanälen

Dienstag, 27 November 2018

DRITTER AKT
23. August bis 9. September 2018

Unterwegs auf den Kanälen
Plaue liegt 330 m, OF 98 m ü. NHN. Diesen Höhenunterschied müssen wir mittels Schleusen auf den Kanälen überwinden.

Gefährlich in den Kanälen sind die abgesenkten Spundwände an den Ufern, die, wenn man sie aufgrund von Sog oder Schwell touchiert, zu irreparablen Schäden am Boot und/oder zur Manövrierunfähigkeit führen können. Meist sind sie durch Verkehrszeichen angezeigt, doch gilt prinzipiell: Immer genügend Abstand zum Ufer halten und größte Aufmerksamkeit walten lassen.
Düker sind Druckleitungen für einen Bach zur Unterquerung eines Kanals, die mit D gekennzeichnet sind.
Infos über Yachthäfen, öffentliche Liegestellen, Wassertanksäulen und Tankstellen geben die regionalen Wasserschifffahrtsämter (WSÄ).
Die Anmeldung zum Schleusen geht übers Handy. Die Kontaktnummer erfährt man auf der Homepage des zuständigen WSAs - die der Schleuse Gelsenkirchen z.B. auf der Seite des WSAs Duisburg-Meiderich, auf der alle wichtigen Infos gelistet sind wie Zahl, Länge und Breite der Kammern, Hub oder Fallhöhe und Dauer des Schleusvorgangs.
Die sogenannten Liegestellen, oft östlich oder/und westlich neben der Berufsschifffahrt, die häufig auch „nur für Kleinfahrzeuge“ reserviert sind, sind genau nach unserem Geschmack, denn man steht, wenn man will, in der Natur, in sogenannten Gartenstädten, d.h. nahe von am Kanal befindlichen weiträumigen Villensiedlungen oder in der Stadt selbst. Dazu kommt, dass die ausgewiesenen Liegestellen kostenfrei sind und man oft allein ist, kaum Marinavolk trifft, sondern eher Reisenden begegnet. Natürlich gibt es keinen Service dort, aber für Nomaden wie uns sind die Plätze überaus attraktiv, weil mit einem jeweils anderen Geruch und Flair behaftet. Und wenn man am Rande eines vielleicht nicht gerade romantischen, aber ästhetischen „Industrie-Ensembles“ oder an der Spundwand eines Vorhafensees oder höher als die prächtigen Villen von prüden Großbürgern steht, die uns misstrauisch beäugen, ist das gaaanz groß.

Der Elbe-Havel-Kanal (EHK) beginnt bei km 380, ist 56 km lang und hat 2 Schleusen nämlich Wusterwitz (bei km 377) und Zerben (bei 345) mit einem Hub von 5 und 6 m. Wir sind Bergfahrer, müssen also Vorfahrt gewähren!
Der Mittellandkanal (MLK) verbindet den deutschen und europäischen Osten mit dem Ruhrgebiet, führt über Magdeburg, Braunschweig, Hannover, Minden, Osnabrück nach Bergeshövede/Recke, beginnt bei 326, ist genauso lang und hat 3 Schleusen, nämlich Hohenwarte (bei 325, Hub 19 m), Sülfeld (bei 236.5, Hub 9 m) und Anderten (bei 174, Fallhöhe 15 m). Wir sind Talfahrer mit Vorfahrtsrecht bei Begegnungsverbot. Die Trogbrücke bei Magdeburg über die Elbe (bei 323) ist aufgrund ihrer Breite von 34 m nur in eine Richtung befahrbar und hat deshalb einen Vorhafen. Das Teilstück von der Schleuse Anderten bis zur Schleuse Münster im DEK ist auf 212 Kanalkilometern schleusenfrei.
Der Dortmund-Ems-Kanal (DEK) beginnt für uns in Bergeshövede bei 108 und endet bei 15 an der Einmündung in den Rhein-Herne-Kanal, ist also für uns 93 km lang und hat eine Schleuse bei 71 vor Münster mit einem Hub von 6 m. Wir sind Bergfahrer.
Der Rhein-Herne-Kanal (RHK) führt über Datteln, Waltrop, Castrop-Rauxel, Recklinghausen, Herne, Gelsenkirchen, Essen, Bottrop, Oberhausen nach Duisburg, wo er in den Rhein mündet, beginnt bei km 45.6 , ist genauso lang, hat 5 Schleusen, nämlich Herne-Ost (bei 37.1, Fallhöhe 13 m), Wanne-Eickel (bei 31.2, Fallhöhe 8.40 m), Gelsenkirchen (bei 23.3, Fallhöhe 6 m), Oberhausen (bei 5.7, Fallhöhe 4 m) sowie Duisburg Meiderich (bei 0.8, Fallhöhe 7.40 m). Wir sind Talfahrer. Da wir in der Heinz-Schleußer-Marina in Oberhausen, also 11 km vor dem Rhein unsere Reiseetappe beenden, brauchen wir nur dreimal zu schleusen. Wir bezahlen in Oberhausen 65 € pro Woche als Liegegebühr, ein fairer Preis, wie wir meinen.

Details aus dem Logbuch:

23. August
Plaue ab, 5 km auf der Havel bis zum EHK. Naivität und Euphorie lassen uns die beiden Schleusen mit Bravour meistern.
Liegestelle 1: Burg, bei 332.5
= 50.5 km, 7.5 Stunden, davon 2 Stunden Wartezeit an den Schleusen, eineinhalb Stunden im Vorhafen von Wusterwitz; der Vorhafen von Zerben liegt etwa einen Kilometer vor der Schleuse
Dinner: Entrecôte mit Zwiebelgemüse

24. August
Verkehrknotenpunkt Schleuse Hohenwarte: Ihre Besonderheiten sind, dass die Spundwände die größten Fender einfach verschwinden lassen und die Schwimmpoller (Poller, die automatisch mit dem Wasserstand hinauf- und hinabfahren, weshalb man nur einmal belegen muss) im Abstand von 100 Metern stehen - vorab für uns Infos ohne Wert und Konsequenz. So eiern wir in der Schleuse, Eingangstor zum MLK, vor und hinter dem „Poller 7“, der uns von der Schleusenwärterin zugewiesen wird, herum, Rückwärtsfahren geht auch nicht, weshalb wir schließlich seitlich an ein anderes Boot genommen werden. Die Trogbrücke passieren wir direkt, ohne im Vorhafen anlegen zu müssen. Beim Schleusen erfahren wir, dass die Elbe wegen Versandung nordwärts nicht mehr schiffbar ist. Tanker mit Ziel Hamburg bleiben deshalb auf dem Kanal aus.
Liegestelle 2: Calvörde, bei 284
von der Brücke aus gesehen, sind wir im Vergleich zur Berufsschifffahrt nur ein Pünktchen im Kanal
= 49 km, 7 Stunden, davon eineinhalb Wartestunden an der Schleuse
Dinner: geräucherte Brachsenkoteletts von Plaue mit Kochkartoffeln und Meerrettich
Brachsen werden in Abgrenzung zu den Raubfischen Friedfische genannt.

25. August
Morgens tanken wir 20 l Diesel nach, um exakte Auskunft über den Verbrauch zu bekommen: Wir brauchen 20 l auf 100 km, also 2 l die Betriebsstunde bei einer Drehzahl von 1.700 - 1800, also 170 l Diesel für 850 km. Unser Tank fasst 200 l, also müssten wir mit der Tankfüllung, auch wenn der Rhein mehr Sprit braucht, heim kommen. Dann üben wir eine Stunde am Anleger vom Materiallager des Landkreises Uelzen das vor- und rückwärts an Spundwänden Anlegen, um fürs Schleusen sicherer zu werden. Wir wissen nun nicht mehr nur theoretisch, dass wir langsamst auf die Wand zu und dann parallel fahren müssen. Die Leine MUSS durch den Fockschotholepunkt geführt werden, um den Poller gelegt oder geworfen und zügig angezogen werden. Natürlich ratschen wir bei den Manövern das Boot, aber nur an der Leiste, nicht am Bootskörper. Schließlich noch Übungen mit dem Bootshaken, der zum Heranziehen an einer Sprosse, zum Abstoßen und zum Korrigieren der Position gute Dienste leistet. Nach all dem liegen 53 schleusenfreie Kilometer vor uns. Aber als wir nach Wolfsburg einfahren, gibt es ein Bundesligaspiel - VFL Wolfsburg gegen Schalke 04. Wir passieren die VW-Arena, die 30.000 fasst, während der Pause, sehen genauso viele Polizisten (auch berittene) wie zugesoffene Fans, die in den Kanal pinkeln, und wissen noch nicht, was uns erwartet. 7 km vor der Schleuse Wolfsburg-Sülfeld bedeutet uns ein entgegenkommender Skipper, dass die Schleuse wegen eines technischen Defekts bis Mittwoch geschlossen sei. Also zurück nach Wolfsburg.
Liegestelle 3: Wolfsburg, bei 245, am Bahnhof, direkt gegenüber vom VW-Werk und nicht weit vom Phaeno, einem Museum, das naturwissenschaftliche und technische Phänomene an 350 Experimentierstationen mit unterschiedlichen Sinnen erfahrbar macht.
Als wir angelegt haben, orientieren wir uns und stoßen auf die Mitteilung, dass der Durchgang vom Kanal zu den Gleisen aus Sicherheitsgründen geschlossen ist. Auf dem Bahnhof herrscht Flaschenverbot, denn es werden Hooligans erwartet. Die trinken halt Dosenbier, wie wir später sehen.
= 47 km, 6 Stunden
Dinner: Tomatenspaghetti mit kretischen Kräutern

26. August
Wieder einmal stehen wir still ebenso wie die im Verlauf des Tages 60 schleusenwilligen Frachter vor dem West- und Osttor der Schleuse Sülfeld. Zum Glück (Liegeplätze sind rar, die Berufsschifffahrt parkt bereits 2-schiffig) liegen wir hier in Wolfsburg mitten in der Stadt, wo es alles gibt. Im Bahnhof hat es feine Klos, einen Zeitungskiosk und einen Bäcker, in der Autostadt kann man auf Industriekulturtour gehen und asiatisch speisen, das Wetter ist gut, …, so what? Hier am Wolfsburger Spundwandliegeplatz hören wir, dass die Schleuse Wusterwitz, unsere erste, vom 1. - 23. September, also für 3 Wochen wegen Reparaturarbeiten geschlossen, der EHK, Pforte nach Berlin, folglich dicht ist. Zum Glück sind wir wenigstens von der Marina Brandenburg Plaue weggekommen. Ob wir den Rhein hinauf können, ist fraglich, denn das Niedrigwasser setzt sich fort, weshalb manche Marinas nicht mehr angelaufen werden können. Zudem erhöht sich durch die engere Fahrrinne die Fließgeschwindigkeit des Flusses. Eine weitere Überführungsetappe ist nicht ausgeschlossen.
Liegestelle 4: nochmals Wolfsburg
Dinner: beim Chinesen Tom Yam Gung (Garnelen-) Suppe und geröstete Ente mit Thai Curry

Die WAZ-online berichtet am 26. August um 21 h:

Nichts ging mehr: Eine technische Störung legte die Sülfelder Schleuse am Wochenende lahm.
Technische Störung am Wochenende an der Schleuse in Sülfeld: Deshalb blieb die Südkammer ab Freitagabend geschlossen. Da die Nordkammer wegen laufender Instandsetzungsarbeiten zurzeit außer Betrieb ist, kam es zu einer Vollsperrung der Schleuse Sülfeld. Seit Sonntag 17.45 Uhr läuft der Schiffsverkehr wieder, so das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Uelzen.
Am Freitagabend konnte das Obertor der Schleuse wegen einer Störung in der Ansteuerung des Tores nicht mehr bewegt werden, weshalb ein in die Kammer bereits eingefahrenes Binnenschiff in einem schwierigen Manöver die Schleuse rückwärts wieder verlassen musste.

27. August
Nach verzweifelten 2 Stunden Belegübungen am Liegeplatz in Wolfsburg zur Schleuse Sülfeld. Geht gut, weil außer uns nur noch ein Sportboot geschleust wird. Vom Übungsmisserfolg gestresst, vergessen wir allerdings, dass auch hier die Schwimmpoller in 100 m Abstand stehen. Also Rückwärtsfahren, diesmal nicht als Übung, sondern in der Wirklichkeit.
Liegestelle 5: Thune, bei 223, zusammen mit einem anderen Sportboot
= 23 km, 4 Stunden, davon 40 Min. an der Schleuse Sülfeld
Beim ersten Wein stellen wir einen schweren Dieselgeruch fest. Tom öffnet die Bilge und …………. entdeckt ein Börnchen von Diesel, das aus dem kaputten Plastikröhrchen des Anschlusses zum Separfilter ungehindert austritt. Was tun? Röhrchen runter, mein Finger aufs Leck. Glatte Bruchstelle. Finger weg, Schlauchbinder, gut. Leck gestopft, Röhrchen wieder dicht, aber die 3 Bilgenkammern voll mit Diesel. Bilgenpumpe her, pumpen, bis sie ansaugt. Nach zweieinhalb Stunden sind eineinhalb Liter Diesel in der Pumpe. Küchentücher zum finalen Trocknen. Um 23.30 erschöpft den Schaden behoben.
Dinner: nur noch Vesperbrote

28. August
Dieses Mal zwei Stunden Knotenübungen, wieder nur bedingt erfolgreich. Dann Ablegemanöver und Einscheren vor einem Schubverband. Der Skipper betätigt den Alarm, zeigt uns den Vogel und schüttelt den Kopf. Recht hat er, ein im Notfall tödliches Manöver, denn der Frachter kann nicht bremsen, fährt über ein Boot wie unseres einfach hinweg. Deshalb immer hinter der Berufsschifffahrt einscheren. Bei 210, an der Liegestelle Sophiental, soll zu Mittag angelandet werden. Verena macht alles komplett falsch. Nur noch Panik auf der Akina. Katastrophal. Ein Belgier hilft. Tom sieht das Projekt meinerseits in Gefahr bzw. gescheitert.
Liegestelle 6: Sehnde, bei 183, zusammen mit einem ewig langen Polenfrachter
= 40 km, 5.5 Stunden
Dinner: Hühnerbrust mit Tagliatelle in Estragonsahnesoße

29. August
Liegestelle 7: Lohnde, bei 149, ganz allein
= 35 km, 5.5 Stunden, davon 2 Stunden Wartezeit an der Schleuse Anderten
Abwärtsschleusen mit zwei 80 m langen Frachtern und 3 Sportbooten. Die Frachter versetzt, damit alle hineinpassen, wir ganz hinten. Beim Einfahren hat Tom den Schalthebel nicht ganz senkrecht gestellt, und wir donnern vorne an die Spundwand. Zwei Wunden sichtbar. Die Schleusung selbst läuft gut.
Dinner: geräucherter Lachs mit Kochkartoffeln und Salzbutter

30. August
Beim Scheißen ist Tom die Geldbörse aus dem Hosensack gefallen. Er merkt es ziemlich zeitnah, weshalb sie noch unberührt da liegt, wo er niedersaß. Wäre ein Totalverlust an Karten und Bargeld gewesen. Nach dem Aufbrechen kaum Verkehr auf dem Kanal, viel Wind, schwerer Regen und Hagel, und der Innensteuerstand geht nicht. 2 Trogbrücken über die Weser passieren wir und bleiben im seeartigen Vorhafen der Schachtschleuse von Minden liegen. Geschafft, dazu noch zu diesem sehr eigenen Platz.
Liegestelle 8: Wasserstraßenkreuz Minden, bei 101.6
= 48 schleusenfreie km, 5 Stunden
Dinner: Entrecôte mit Zwiebelgemüse

31. August
Besichtigung der historischen Schachtschleuse und der Altstadt von Minden, aber Entspannung bzw. Entschleunigung wollen sich nicht einstellen, da der Bowdenzug für den Absteller vom Motor bricht. Tom repariert ihn mit fernmündlicher Hilfe der Offenbacher Schrauberfreunde und mit mir als Handlanger in eineinhalb Stunden, obwohl es erst einmal scheint, als müssten wir übers Wochenende verharren. Dann Melittafreibad nach 10 Tagen ohne Dusche und Haarwäsche. Das Freibad ist Teil des neu entstehenden Melittaviertels. Das Viertel trägt deshalb den Namen, weil der Firmensitz von Melitta in Minden ist.
Liegestelle 9: nochmals Minden
Dinner: Sockeye mit Tagliatelle in Sahne-Dillsoße
 

1. September
Schöne Kanalansichten, mittags zu Übungszwecken angelandet und 2 Kilo Zwetschgen geerntet. Köstlich.
Liegestelle 10: Bad Essen, bei 62 (Bild)
= 41 km, 5.2 Stunden
Stadtgang, Drinks bei einem kratzbürstigen Mädchen, das überhaupt keine Lust zum Servieren hat. Deshalb kein Trinkgeld. Sie rächt sich, indem sie Tom alles mögliche Kleingeld herausgibt.
Dinner: eingelegtes Lamm mit Lauchgemüse

2. September
Morgens in Bad Essen: Enten im schwarz-weißen Kanal, dann um den Liegeplatz herum einstündige Übung der Feuerwehr Hüsede. Das Löschwasser verpasst der Stadt einen attraktiven Regenbogen. Nur schön. Tom entlüftet währenddessen mit telefonischer Hilfe von Bodo den Hydraulikzylinder und füllt einen halben Liter Hydrauliköl nach. Danach geht der Innensteuerstand wieder. Abends orangerote Uferböschung. Ja, wegen solcher Bilder sind wir hier.
Liegestelle 11: westlich von Bramsche, bei 33.5
= 30 km, 3.5 Stunden
Dinner: Knoblauchspaghetti

3. September
Vormittags endlich alle Stolperfallen vom Segeln am Liegeplatz abgeschraubt und den Mast so befestigt, dass er auch hält und dem Skipper nicht den Kopf zertrümmert
Liegestelle 12: Obersteinbeck, bei 9
= 23 km, 2.5 Stunden
Dinner: Schweinenackensteak mit Kochkartoffeln

4. September
Geschwätz mit Otto und Gisela, die neben uns liegen. Otto liebäugelt ein bisschen damit, dass er den Rhein mit uns fahren könnte. Er ist Berufsschiffer. Dann bis zur Einmündung in den Dortmund-Ems-Kanal am „Nasses Dreieck“. Gegen Abend schleusen wir noch - dies allein, zudem ohne jedes Problem und stehen abends im Stadthafen von Münster. Grandios. Im Jazz Hot Club Miesmuscheln als Dinner. Genauso geil.
Liegestelle 13: Stadthafen 1 von Münster, bei 68
tagsüber und abends, also zu jeder Zeit einzigartig
= 48 km, 7 Stunden

5. September
Gang durch den schönen Altstadtkern mit seinen Hansefassaden. Auffällig hier die erzkatholischen blonden Jackies, die ihre Kinder und Hunde ausführen, und die haargegelten, garderobegestylten und parfumierten 35-jährigen Wichtigtuer in Konfirmationsanzügen und mit Hitlerfrisur. Mittags Snack und Weißwein an der Lambertikirche beim Italiener. Beide öffentlichen Bäder sind geschlossen. So schlägt der Versuch am Nachmittag fehl, eine zweite Körperpflegeaktion auf dieser Reiseetappe zu realisieren. Nur Hygienegefuddel gibt es und ein frisches T-Shirt.
Liegestelle 14: nochmals Münster
Dinner: weißer Thunfisch auf Rucolasalatbett

6. September
Nach 2 Milchkaffees an Deck - dies im sonnenbeschienen Hafen von Münster hinein ins schlechte Wetter: Regen, Nebel und ungewohnt dunkle Bedecktheit. Im seeartigen Wende- und Wartebecken hinter der Schleuseneinfahrt zum Wesel-Datteln-Kanal (WDK) machen wir fest. Wieder einmal ein besonderer und zudem ruhiger Liegeplatz mit Waldstreifen am Ufer. Aber die Bordbatterie verabschiedet sich aus Altersschwäche, also kein Strom und kein Wasser an Bord, …, aber eine Spundwandlaterne bescheint den Innenraum des Bootes von oben wie ein Mond, die Headlamps funktionieren sowieso, und Tom hat zwei Stromkabel kurzgeschlossen, wie er es vom Offenbacher IT-Uli gelernt hat, um die Wasserpumpe wieder in Gang zu kriegen. So ist letztlich alles gut. Morgen sind es ja nur noch 6 km bis zum Rhein-Herne-Kanal (RHK).
Liegestelle 15: Datteln, bei 21
= 48 km, 6 Stunden
Dinner: Sokeye mit Tagliatelle in Sahne-Dill-Soße

7. September
Liegestelle 16: vor der Schleuse Herne-Ost, bei 38.7
= 12 km, 2 Stunden
Dinner auf der Terrasse des Restaurants „Zur Schleuse“: ehrliche Pfifferlingcremesuppe und Pfifferlinge an Sahnesoße mit hausgemachten Semmelklößen
 

8. September
Wir schleusen mit einem Berufsfrachter in den Schleusen Herne-Ost und Wanne-Eickel (Bild), die Gelsenkirchener machen wir allein. Kurz vor Oberhausen ein bemerkenswertes Graffiti am Ufer, und schon um 14h fahren wir in die Heinz-Schleußer Marina ein. In Fußnähe befinden sich das weltweit erste Bergbau-Erlebnisbad, der AQUA Park, das CentrO mit Designergeschäften und feiner Restauration, das Metronom-Theater, der SEA LIFE Abenteuer Park, der Gasometer und die König-Pilsener-Arena, wo man Konzerte und Musicals live erleben kann. Nachdem alles zur Abreise gerichtet ist, essen wir im Maredo Flanksteaks. Lecker.
Liegestelle 17: Oberhausen, bei 10.2
= 28.6 km, 5.5 Stunden, keine Wartezeit an den Schleusen

9. September
Mit dem Zug um die Mittagszeit von Oberhausen bis Duisburg, dann am Rhein entlang bis zum
Fernbahnhof Flughafen FFM und schließlich nach OF. Während der Zugfahrt zieht der Rhein, unsere nächste Herausforderung, an unseren Augen vorüber. Vor ihm haben wir einen Heidenrespekt, und deshalb werden wir ihn nicht allein fahren, sondern in Begleitung eines rheinerfahrenen Skippers.

Beobachtungen
Frachter können bis zu 100 Container transportieren. So wundert es nicht, dass sich die Warenbeförderung per Schiff im Vergleich mit der auf der Straße immer noch lohnt.
Auf den Kanälen besteht die Fracht der Berufsschifffahrt vorwiegend aus Metallschrot, Kohle, Kies, Sand, Mineralölen sowie Containern.
Sog und Schwell der Berufsschifffahrt haben uns, wenn wir mit Spring gesichert waren, an den öffentlichen Liegeplätzen nie gestört, eher uns „eingewiegt“. Oft haben wir noch nicht einmal bemerkt, dass Frachter, die neben uns lagen, in frühsten Morgenstunden losgefahren sind, sehr oft erlebt, dass die Berufsschifffahrt an öffentlichen Liegestellen ihre Motordrehzahl gedrosselt hat. Obwohl Sog und Schwell der Berufsschifffahrt nicht zu unterschätzen sind, gleitet unsere Jeanneau ganz sanft über die und auf den Wellenbergen.

insgesamt auf den Kanälen gefahrene Kilometer: ca. 540
18 Tage